Technokratisch: Was steckt hinter diesem Begriff?

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Lena Fischer
Lena Fischer
Lena Fischer ist unsere Kulturjournalistin und widmet sich mit Begeisterung den kulturellen Ereignissen und dem künstlerischen Leben im Siegerland.

Die Technokratie stellt ein politisches System dar, das stark durch technische und administrative Überlegungen geprägt ist. Anhänger der Technokratie sind der Ansicht, dass Entscheidungen auf wissenschaftlichen und technischen Erkenntnissen basieren sollten, um das Gemeinwohl und die Stabilität des Staates zu fördern. Der Begriff „technokratisch“ bezieht sich auf diese Strömung und wird oftmals negativ verwendet, um zu verdeutlichen, dass Entscheidungen ausschließlich auf technische und administrative Gesichtspunkte abgestützt sind, während soziale oder politische Überlegungen vernachlässigt werden.

Die Idee der Technokratie ist nicht neu und wurde in den 1930er Jahren in den USA populär. Technokraten glauben, dass Experten auf ihren jeweiligen Gebieten bessere Entscheidungen treffen können als gewählte Politiker, die möglicherweise nicht über das notwendige Wissen verfügen. Technokratie kann jedoch auch kritisiert werden, da sie möglicherweise zu einer Entfremdung zwischen Regierenden und Regierten führt und demokratische Prozesse untergräbt.

Grundlagen der Technokratie

Definition und Ursprung

Technokratie ist ein politisches System, in dem technische Experten und Fachleute anstelle von Politikern die Entscheidungen treffen, basierend auf wissenschaftlicher und technischer Expertise. Der Begriff Technokratie stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Regierung der Techniker“. Die Idee der Technokratie geht auf die Arbeiten von Thorstein Veblen und Howard Scott in den USA zurück, die in den 1920er Jahren die Technocracy-Bewegung gründeten. Die Technocracy-Bewegung forderte eine Gesellschaft, die von Ingenieuren und Wissenschaftlern geleitet wird, um eine effiziente und rationale Planung der Wirtschaft und der Gesellschaft zu gewährleisten.

Technokratie vs. Demokratie

Technokratie und Demokratie sind zwei unterschiedliche politische Systeme. In einer Demokratie wählen die Bürger ihre Vertreter, die dann Entscheidungen im Namen der Bürger treffen. In einer Technokratie hingegen werden Entscheidungen von technischen Experten und Fachleuten getroffen, die auf wissenschaftlicher und technischer Expertise basieren. Technokratie wird oft als Alternative zur repräsentativen Demokratie gesehen, da sie die Entscheidungen von Experten bevorzugt, anstatt von gewählten Vertretern.

Technokratische Bewegungen weltweit

Technokratische Bewegungen haben in verschiedenen Ländern und zu verschiedenen Zeiten stattgefunden. In den USA entstand die Technocracy-Bewegung in den 1920er Jahren und forderte eine Gesellschaft, die von Ingenieuren und Wissenschaftlern geleitet wird. In Russland entstand in den 1910er Jahren die Tektologie-Bewegung unter der Leitung von Alexander Bogdanov, die eine technische Planung der Wirtschaft und Gesellschaft forderte. In Europa gibt es seit den 1950er Jahren Bestrebungen, die Europäische Union technokratischer zu gestalten, indem die Rolle von Experten und Technokraten in der Regierung gestärkt wird.

Technokratie in der Praxis

Wirtschaft und Technokratie

Technokratische Regierungssysteme haben oft den Ruf, wirtschaftliche Effizienz und Planungsfähigkeit zu fördern. In der Europäischen Union gibt es beispielsweise das Ziel, bis 2050 klimaneutral zu werden. Um dieses Ziel zu erreichen, setzt die EU auf technokratische Instrumente wie Energiezertifikate und eine effiziente Energiepolitik. Technokratische Ansätze können auch in der Wirtschaft eingesetzt werden, um die Produktivität zu steigern und Entscheidungen auf Basis von Fakten und Daten zu treffen.

Entscheidungsfindung und Expertise

In einem technokratischen System werden Entscheidungen von Experten getroffen, die auf wissenschaftlichem Wissen und Daten basieren. Dies steht im Gegensatz zu politischen Entscheidungen, die oft von ideologischen Überlegungen und Interessen geleitet werden. Technokratische Entscheidungen können daher objektiver und effektiver sein. Allerdings kann es auch zu einer Entfremdung zwischen der Regierung und der Bevölkerung kommen, da die Entscheidungen von Experten getroffen werden, die nicht unbedingt die Bedürfnisse und Wünsche der Bevölkerung berücksichtigen.

Technokratie in verschiedenen Regierungssystemen

Technokratische Ansätze können in verschiedenen Regierungssystemen eingesetzt werden, von demokratischen bis hin zu autoritären Systemen. In China beispielsweise wird die Regierung von Technokraten geleitet, die aufgrund ihrer Fähigkeiten und Erfahrungen ausgewählt werden. In Italien gab es in den 1990er Jahren eine Technokratenregierung, die sich auf die Sanierung der Wirtschaft konzentrierte. In Griechenland wurde 2011 eine Technokratenregierung eingesetzt, um die Schuldenkrise zu bewältigen.

In der Praxis zeigt sich jedoch, dass technokratische Regierungssysteme oft von bürokratischen Problemen und einem Mangel an demokratischer Legitimation geprägt sind. Die Entscheidungen werden von Experten getroffen, die nicht unbedingt demokratisch gewählt wurden, und es kann zu einer Entfremdung zwischen der Regierung und der Bevölkerung kommen.

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